Bereits im Spitalbett beginnt die Rehaphase. Am Tag 1 Post-OP wirst du mit grösster Wahrscheinlichkeit den ersten Kontakt mit deinem Physiotherapeuten haben. Aber nicht nur die körperliche Arbeit beginnt dann Schritt für Schritt. Wenn du nicht bereits vor der OP mit mentalem Training begonnen hast, dann ist im Spitalbett genau der richtige Zeitpunkt.
Visualisieren Das Hirn macht kaum einen Unterschied, ob es etwas real erlebt oder sich etwas nur vorstellt. Das bedeutet: Je lebendiger deine Vorstellung ist, desto mehr glaubt dir dein Hirn. "Visualisieren" heisst diese Technik und visualisieren kann man vieles. Grad nach Verletzungen ist es sehr wichtig, sich bald wieder Ziele zu setzen. Ein grosses Endziel kann als Leuchtturm am Ende des Weges stehen. Bis dahin werden jedoch ganz viele kleine Zwischenziele gesetzt. Und diese Zwischenziele werden nochmals in kleinere Ziele unterteilt. Zur Zielsetzung nach Sportverletzungen werde ich in nächster Zeit einen eigenen Blog schreiben. Nun aber zurück zum Visualisieren. Dein nächster Step, dein nächstes Mini-Ziel, visualisierst du ganz oft. Du stellst dir in allen Facetten vor, wie du dieses Ziel erreichst. Beziehe dabei alle Sinne mit ein: Wie ist die Umgebung, in welcher ich mich befinde? Wer ist dabei? Welche Kleidung trage ich? Ist es warm oder kalt? Wie fühlt es sich an? Wie ist meine Stimmung? Wie ist mein Puls, meine Atmung? Was mache ich Schritt für Schritt? Male dir im Detail aus, wie du dein nächstes Mini-Ziel erreichst und beobachte dich in Gedanken ganz genau. Gerade in den Momenten, in welchen du ganz ruhig im Spitalbett liegst und dich erholst, hast du Zeit und Ruhe, um zu visualisieren und je öfter du das machst, desto realer wird es. Ein Kunde hatte eine komplizierte Schulter-OP. Die erste Zeit wurde das Gelenk nur passiv bewegt. Während der Physiotherapeut wunderbare Arbeit leistete und kleinste Bewegungen im schmerzfreien Bereich ausführte, prägte sich der Kunde ein, wie sich diese minimalen Bewegungen anfühlten und visualisierte später, dass er das selbst ausführt. Zu einem späteren Zeitpunkt ging es darum wieder die volle Beweglichkeit zu erlangen. In der Physiotherapie führte der Kunde die Bewegungen real aus, immer wenn er aber zu Hause ruhige Phasen hatte, visualisierte er die Bewegung und stellte sich vor, wie sich der Bewegungsumfang vergrössert. Er machte auch bei der realen Bewegungsausführung schnell Fortschritte. Ideomotorisches Training Unter dem Begriff "ideomotorisches Training" versteht man, dass man sich wiederholende Bewegungsabläufe immer und immer wieder vorgestellt. Dazu werde ich auch einen separaten Blogeintrag verfassen. Im Grundsatz geht es darum, dass du dir wiederkehrende Bewegungen immer und immer wieder vorstellst und diese Bewegungen dadurch automatisiert werden. Diese Technik kann man auch nach Verletzungen anwenden. Du stellst dir vor, wie du die Bewegung ausführst und welche Muskeln du dabei ansteuerst, in welcher Position dein Körper ist und wie sich die Bewegung ganz genau anfühlt. Beim ideomotorisches Training trainierst du ohne die Bewegung wirklich auszuführen. Die Meinungen zum ideomotorischen Training sind unterschiedlich. Man liest Berichte von Physiotherapeuten und Ärzten, die darauf schwören durch ideomotorisches Training den Muskelrückgang zu minimieren und und es gibt genauso viele Stimmen die sagen, dass dies nicht funktioniert. Ich denke, ausprobieren und sich die eigene Meinung dazu bilden ist, wie bei so Vielem, der einzig sinnvolle Weg.
0 Kommentare
"Du musst deine Verletzung halt zuerst akzeptieren, erst dann kann die Heilung Fahrt aufnehmen!"
Das ist soooo einfach gesagt, tja, und sooooo schwierig umzusetzen. Du hast dich monatelang perfekt vorbereitet, fühltest dich gut, warst in der Form deines Lebens und dann - eine Verletzung. Im ersten Moment bricht alles zusammen. Die ganze Arbeit, der Fleiss, das Pushen, alles für die Katz. Es schmerzt, es schmerzt einfach unheimlich fest und ich meine damit den seelischen, nicht den körperlichen Schmerz. Es schmerzt - und das darf es auch! Für die Verarbeitung braucht es mehrere Schritte. Meiner Meinung nach ist es gut, wenn man seinen Frust, die Wut, die Enttäuschung, den Schmerz raus lässt. Schreien, Toben, Weinen - alles ist erlaubt. Die einen machen das ganz im Stillen, die anderen brauchen jemanden, der ihnen zuhört. Einmal ist es blanke Wut, die raus muss und dann auch laut raus muss, ein andermal ein leises Weinen während einer Umarmung. Wichtig ist nur: Es muss raus! "Hey, passiert ist passiert! Es nützt nichts zu grübeln, warum es passiert ist" Ein weiterer wunderbarer Rat, den man nach einer Verletzung immer wieder hört. Ja, das stimmt schon: Passiert ist passiert. Aber da wären wir beim zweiten Schritt der Verarbeitung. Gehe der Verletzung auf den Grund. Verletzungen passieren nicht ohne Grund. Wie fühltest du dich an diesem Tag? Wie war dein Material? Warst du im Unfallmoment abgelenkt? Hast du das Risiko richtig eingeschätzt? Bei der Warum-Frage geht es keinesfalls darum ins Hadern zu kommen und auch nicht darum einen Schuldigen zu finden. Es soll eine klare Analyse sein. Wenn du diesen Schritt auslässt, kann ich dir garantieren, dass es sich später rächen wird. Die nüchterne Aufarbeitung ist deshalb wichtig, dass du später einschätzen kannst, ob ein reelles Risiko besteht, dass dir das Gleiche nochmals passieren kann. Ich kann dir garantieren, dass du, wenn du diese Aufarbeitung auslässt, später viel mehr investieren musst, um das Vertrauen wieder zu finden. Wenn du die ersten zwei Schritte bewusst und sorgfältig angehst, dann ist das bereits eine gute Basis, damit du deine Verletzung akzeptieren kannst. Akzeptanz ist der erste Schritt, um MIT dem Körper gemeinsam die Heilung anzugehen. Bist du "hässig" auf deinen Körper, stellst du dich GEGEN ihn, weil er dich im Stich gelassen hat, dann ist da nie eine gute Basis für die Heilung. Lass dir Zeit für diese Schritte. Das ist wichtig. Irgendwann ist aber auch gut! Sei ehrlich zu dir selbst und wenn du merkst, dass du dich in dem Elend deines Verletzungspechs suhlst wie ein kleines Ferkel im Dreck und nicht mehr raus findest, dann ist das der Moment, um Hilfe zu holen und die Sache mit einem Coach zusammen anzugehen. Diese Energie, welche dann fürs Zurückschauen aufgewendet wird, könnte man nämlich bereits perfekt fürs Nach-vorne-schauen verwenden. "Zuerst mal die Verletzung ausheilen lassen und dann muss ich halt schauen, dass auch das Vertrauen wieder zurück kommt". Kommt dir das bekannt vor?
Dieses Vertrauen nach einer Sportverletzung wieder zu finden, ist oftmals genau der gleich schwierige Teil, wie das Ausheilen der Verletzung selbst. Verläuft die Rehabilitationsphase nach Plan, kann der Sportler unterstützt durch Physiotherapie schnell Fortschritte machen. Durch die Fortschritte kommt auch das Vertrauen zurück. Nimmt die Rehabilitationsphase jedoch nicht den Weg, welcher sich der Sportler in Gedanken zurechtgelegt hat, wird der Prozess durch Zweifel begleitet, welche immer grösser werden können. Das Vertrauen schwindet. Mentaltraining kann dich auf diesem Weg enorm unterstützen, egal, ob deine Verletzung schon länger zurück liegt, du vieles wieder machen kannst, aber merkst, dass du die 100% von vor dem Unfall noch nicht erreichst oder ob du erst vor einer geplanten Operation stehst und du so schnell und so sicher wie möglich wieder zu deiner vollen Kraft zurückkehren möchtest. Zum Abschluss meiner Ausbildung zum dipl. Mentaltrainer habe ich für meine Diplomarbeit das Thema "Mentaltraining nach Sportverletzungen" gewählt. Während mehreren Monaten habe ich Probanden begleitet, welche sich durch Mentaltraining auf dem Weg zurück zur alten Stärke unterstützen lassen wollten. Einige Erfolgsgeschichten: Eine Kundin musste sich nach einer schweren Fussverletzung damit auseinandersetzen nie mehr Ski fahren zu können und ihr absolut liebstes Hobby aufgeben zu müssen. Bei Coachingantritt schien es ihr unmöglich wegen andauernden Schmerzen und eingeschränkter Beweglichkeit je wieder in einen Skischuh steigen zu können. Das Mentaltraining bewirkte viel und siehe da: Nach einigen Sitzungen bekam ich eine Nachricht: "Ich habe heute meinen Best-Case umgesetzt" und ein Foto von der Skipiste. Nach einem Totalschaden am Knie durfte ich eine Kundin bereits vor der geplanten Operation das erste Mal treffen. Sie war leider bereits mehrfach verletzungserprobt, bei der letzten Operation verlief vieles nicht so gut und der Heilungsprozess zog sich über mehrere Jahre hin. Das Vertrauen in ihren Körper schwand. Deshalb wollte sie die Operation und den Heilungsprozess diesmal anders angehen und zog Mentaltraining als Unterstützung bei. Der Erfolg: Nach sechseinhalb Monaten stand sie bereits wieder auf den Skis. Leider verlief die Heilung der Knieverletzung der nächsten Kundin nicht wie geplant und es folgten zwei weitere Operationen. Die Kundin wurde dadurch immer unsicherer, wurde extrem vorsichtig und getraute sich viele Sportarten nicht mehr auszuführen. Bei Coachingantritt fühlte sich das Knie verkrampft und störend an. Von Sitzung zu Sitzung schaffte es die Kundin mehr loszulassen und dann konnte sie tatsächlich das erste Mal wieder die volle Beweglichkeit ausschöpfen und sich hinknien. Nach Coachingabschluss spielte die Probandin sogar wieder Basketball mit ihren Schülern. |