Welche Rolle spielen Eltern bei der Entwicklung eines dynamischen Mindsets?
Um die vielfältigen Herausforderungen, welche Leistungssport mit sich bringt, zu meistern, ist ein dynamischen Mindset einer der Erfolgsfaktoren. Die amerikanische Psychologin Carol Susan Dweck forscht seit 30 Jahren zum Thema Mindset, Motivation, Entwicklung und stellt sich die Frage, warum sich manche Menschen ihr Leben lang weiterentwickeln und erfolgreich werden und andere stehen bleiben. Sie teilt unsere Art zu denken in zwei Richtungen ein: ein dynamisches Mindset und ein statisches Mindset (im englischen Original «Growth and fixed Mindset»). Die Rolle der Eltern in Bezug auf Mindset Als Kind passiert die erste Form des Lernens über Nachahmung und die Familie bietet hierzu das effizienteste Lernfeld. Kinder sind wie kleine Seismographen, saugen alles auf, was von den Eltern ausgesendet wird und zeigen darauf Reaktionen. Sie reagieren als Baby mit Unruhe und eventuell Weinen oder Quengeln, wenn Spannung in der Luft liegt und bringen uns als Kleinkind zum Lachen, wenn sie Gesten, Grimassen und typische Aussagen der Eltern übernehmen und in ihr Spiel einbauen. Auch später übernehmen sie Handlungs- und Kommunikationsweisen der Eltern, auch wenn sie es im Teenageralter mehr und mehr ablegen wollen. Drei Beispiele aus dem Sport-Familien-Alltag: Der 14-jährige Mark spielt Unihockey. Bis jetzt gehörte er immer zu den Besten, musste nie sonderlich viel dafür tun, doch diese Saison läuft es nicht wie gewünscht. Zudem hat sein bester Kollege und bisheriger Sturmpartner mit dem Wechsel in die Oberstufe den Sport an den Nagel gehängt. Die Motivation schwindet, im Training ist Mark nicht mehr so fokussiert wie früher und im Match kann er seine Leistung nicht abrufen. Die Eltern wollen auf die Motivationsschwierigkeiten von Mark reagieren und sind der Meinung, dass Mark jeweils in einem schwachen Block spiele. Der neue Sturmpartner bringe halt nicht mehr die gleich gute Leistung, wie Marks Kollege und deshalb könne er sich nicht mehr so gut entfalten. Sie meinen, dass das sicher wieder besser werde, wenn er nächstes Jahr in eine andere Mannschaft wechsle. Lorin spielt Eishockey in einem kleinen Club. Ab und zu kann Lorins Mannschaft einen Match gewinnen, aber mehrheitlich verlieren sie - vor allem gegen die grossen Eishockeyclubs. Die Eltern der Spieler sind sich einig und sprechen oftmals nach dem Match gemeinsam darüber, dass gewinnen schwierig sei, da wegen zu kleinem Kader auch immer jüngere Spieler aufgeboten werden müssen und dass bezüglich Trainingsbedingungen in der Provinz nicht so viel geboten werden kann, wie in den Spitzenclubs. Anna ist Turnerin. Sie turnt im Leistungszentrum und seit einiger Zeit sind ihre Leistungen unter den Erwartungen. Anna hat ein gutes Verhältnis zu ihren Eltern und sie sprechen über die momentane Situation, welche Anna sehr belastet. Die Eltern trösten Anna, meinen, dass dies nicht so schlimm sei und wenn ihr Talent nicht ausreiche für diese Stufe, dann könne sie ja immer noch im regionalen Verein weiterturnen. Sie wollen Anna den Druck nehmen. Das dynamische und statische Mindset Diese drei Elternbeispiele zeigen, dass Eltern es wirklich immer nur gut meinen mit ihren Sportkindern. Hinter jedem der Beispiele steckt die Absicht, das Kind zu unterstützen. Und doch muss die Kommunikation hinterfragt werden, denn durch entsprechende Kommunikation könnte ein dynamisches Mindset gestärkt werden. Hierzu muss man das System des dynamischen und statischen Mindsets nach Carol Susan Dweck verstehen. Im Folgenden möchte ich anhand der drei Beispiele zeigen, wie man von einem statischen Mindset zu einem dynamischen gelangen kann. Beispiel von Mark und Lorin, Ziel: Lösungssuche bei sich selbst und nicht im Aussen: Von: „ Die Mannschaftsaufstellung ist nicht zu meinen Gunsten. In diesem schwachen Block kann ich mein Talent gar nicht zeigen.“ Zu: „Jetzt sind meine Leistungen erst recht gefragt. Ich muss mir überlegen, wie ich meine Stärken so einsetzten kann, dass meine Mitspieler davon profitieren können und wir im Team wieder stark werden.“ Von: „Gegen grosse Gegner haben wir eh nie eine Chance.“ Zu: „ Mir wurden heute meine Grenzen aufgezeigt. Jetzt muss ich analysieren, wo ich besser werden kann und werde noch spezifischer trainieren und schauen, wer mir dabei optimal helfen kann.“ Sportler mit einem dynamischen Mindset suchen den Fehler bei sich und suchen nach Lösungen, um ans Ziel zu kommen. Sportler mit einem fixen Mindset suchen den Grund für den Misserfolg lieber im Aussen, denn an ihrem Talent kann es ja nicht liegen. Ja, teilweise kann man als Eltern nicht nachvollziehen, was Trainer beschliessen. Als Eltern die Trainerentscheide vor den Sportkindern zu kommentieren ist nie eine Lösung. Solche Kommentare sind aber auch nicht nötig, denn es ist nicht die Rolle der Eltern. Ihre Rolle ist in erster Linie der Support im Hintergrund und die Stärkung im mentalen Bereich. Mit der „alles ist möglich“-Haltung, gibt man den Kindern das Urvertrauen in ihre Stärken. Grad im Sport gibt es unzählige Geschichten, wo das Unmögliche möglich gemacht wurde und immer wieder kämpfen vermeintlich schlechter gestellte Mannschaften vorne mit. Beispiel von Anna, Ziel: Einsatz und Leidenschaft ist wichtiger als Talent und Misserfolg muss kein Rückschlag sein: Von: „Mein Talent reicht für dieses Niveau nicht aus.“ Zu: „Ich freue mich noch mehr in meine Leidenschaft zu investieren und durch intensives Training werde ich Schritt für Schritt weiterkommen.“ Das dynamische Mindset stellt Leidenschaft, Einsatz und Übung über das Talent und sieht in der Anstrengung den Schlüssel zum Erfolg. Auch wenn sie den Trainingsfleiss eventuell sogar loben, sprechen Leute mit einem fixen Mindset Sportlern, die extrem viel Trainieren das Talent ab. Eltern spielen dabei von ganz klein an eine wichtige Rolle. Lob ist gut, keine Frage, aber wenn bei Kindern in all den jungen Jahren immer wieder das Talent hervorgehoben und die Ergebnisse gefeiert werden, aber der Weg dahin unkommentiert bleibt, dann ist der Fokus auf das unveränderbare Talent die logische Folge. Loben sie Anstrengung und zeigen sie ihrem Sportkind auf, was durch Einsatz erreicht werden kann. Eine Möglichkeit ist es den Leistungsstand anfangs Saison festzuhalten und Ende Saison zu vergleichen. Von: „ Heute habe ich versagt! Ich bin nicht gut genug“ Zu: „ Heute bekam ich endlich die gewünschte Herausforderung, um mein Können zu testen. Das hat Spass gemacht. Jetzt weiss ich, wo ich weiterarbeiten muss.“ Personen mit einem dynamischen Mindset erkennen, dass sie umso mehr wachsen können, je grösser die Herausforderung ist und sehen im Misserfolg nur eine weitere Möglichkeit zu lernen. Für Personen mit einem fixen Mindset ist ein Misserfolg ein Rückschlag, denn sie verlassen sich ja auf ihr Talent. Dies kann dazu führen, dass die komplette Leistung in Frage gestellt wird. Als Eltern können sie ihr Kind darin unterstützen, indem sie von Prozesszielen und nicht von Ergebniszielen ausgehen (siehe weiteren Blogeintrag: Zielsetzung - Rolle der Eltern (sporteltern.info)). Gerade Jugendlichen, die erst dabei sind, ihr dynamisches Mindset zu entwickeln, kann es helfen, wenn sie sich für einen Wettkampf nur EIN Prozessziel setzen und danach auch nur dieses bewerten. So kann auch bei einer Niederlage ein zufriedenes Gefühl blieben. Und dies ist wiederum wichtig für das Selbstvertrauen und die weitere Entwicklung.
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Schwarz! Leer! Alles weg!
Ich kann mich an nichts mehr erinnern. Dabei habe ich mich doch seit Wochen auf diese Abschlussprüfung vorbereitet. Ich kann mir nicht erklären, wohin mein Wissen verreist ist. Verzweiflung! Unruhe! Schwitzen! Und jetzt? Ich sitze einfach da und beim nächsten Mal, als ich auf die Uhr blicke, ist schon wieder eine Viertelstunde vergangen. Es nützt nichts. Ich weiss nichts mehr. Mein Herz klopft wie wild und mein Schädel brummt. Um mich herum schreiben alle ganz konzentriert darauf los. Ich bin wie gelähmt, nahe der Verzweiflung. Ich könnte losheulen. Blackout! Der Körper befindet sich in einer absoluten Stresssituation. Unser Körper kennt von jeher drei Reaktionsmöglichkeiten auf Stress. Wärst du ein Steinzeitmensch und würdest einem gefährlichen Wildtier begegnen, hättest du die Wahl zwischen Flucht, Kampf oder Tot-stellen. Dein Wildtier ist "nur" eine Prüfung, doch leider hat dein Körper grad die Reaktionsmöglichkeit "totstellen" gewählt. Ruhig bleiben! Blackouts können passieren und es gibt Abhilfe, um sich aus dieser Situation wieder raus zu manövrieren. Kennst du dein Blackout-Problem bereits vor der Prüfung, kannst du dir im Vorfeld mit Mentaltraining hilfreiche Reaktionsmuster erarbeiten. Bist du jedoch mittendrin, brachst du einen einfachen Notfallkoffer: - Atme tief in den Bauch! Atme länger aus als ein und entspanne dich so nach und nach. - Besetze deine Gedanken mit anderen Themen! Das tönt so einfach - ist es aber nicht. Eine gute Übung zur Ablenkung ist die folgende: Stelle beide Füsse flach auf den Boden und versuche nur die grossen Zehen zu bewegen. Schwierig, hä? Also, weiterprobieren. Mach das so lange, bis du mit deinen Gedanken voll bei deinen grossen Zehen bist. Dies besetzt deine Gedanken, lenkt dich ab und macht mit dir einen "Reset". - Und jetzt nochmals von vorne! Jetzt kannst du nochmals die Aufgabe durchlesen und auf einem Suddelblatt einfach alles stichwortartig aufschreiben, was dir zu diesem Thema in den Sinn kommt. So stellst du in deinem Hirn die Verbindungen wieder her und du wirst dich nach und nach an das Gelernte erinnern. Und am besten lässt du es gar nicht so weit kommen. Eine gute Vorbereitung in Bezug auf den Stoff, aber auch im mentalen Sinne, ist das A und O um eine Prüfung entspannt anzugehen. Und nur wenn du in deiner vollen Kraft bist, bringst du Höchstleistungen. Winterliches Schwimmen im eiskalten See? Oder an einem Ultra-Run teilnehmen? Bedeutet das "mental stark" zu sein? Nein. Klar haben Menschen, welche Extremleistungen absolvieren einen starken Willen und sind mental stark. Den Umkehrschluss zu machen und zu sagen, dass jemand nur "mental stark" ist, wenn er fähig ist solche Extremleistungen zu vollbringen, wäre aber falsch. "Mental stark" zu sein bedeutet, in seiner vollen mentalen Kraft zu sein, wenn es eine bestimmte Situation erfordert und schlussendlich heisst das, Herr (oder eben Frau) über seine Gedanken zu sein und diese aktiv steuern zu können. Mentale Stärke hat ganz viele Facetten und ist situationsabhängig. Der 16-jährige Sportler, welcher Mühe mit Niederlagen hat, wird nervös, wenn seine Mannschaft im Rückstand ist. Er möchte lernen seine Emotionen und Gedanken zu steuern, damit er seine volle Leistung abrufen kann, auch wenn seine Mannschaft im Hintertreffen ist. Es möchte in solchen Situationen mental stark sein. Die 15-jährige Schülerin möchte die Gymi-Aufnahmeprüfung absolvieren, welche sie vor zwei Jahren in den Sand gesetzt hat. Damals hatte sie ein komplettes Blackout. Das macht ihr Angst und diese Angst hemmt sie überhaupt mit dem Lernen zu beginnen. Sie möchte das nicht nochmals erleben und möchte lernen, wie sie die Gedanken steuern kann, damit sie die Situation meistert. Das ist mentale Stärke. Dem19-jährigen Lehrling vor der Abschlussprüfung fehlt das Selbstvertrauen die Prüfung erfolgreich zu bestehen. Er sagt sich, dass er schon die ganze Schulzeit schlecht in der Schule war. Seine Gedanken spielen ihm einen Streich und er muss lernen, sich in diesem Punkt zu vertrauen, denn schliesslich geht es um seinen Beruf, den er unheimlich gerne ausführt. Er möchte mehr Selbstvertrauen haben und mental stärker werden. Die 37-jährige Hobbysportlerin findet nach der Geburt ihres Kindes keine Motivation mehr um Sport zu machen. Sie merkt, dass es ihr gut tun würde, doch der Alltag fordert sie zu sehr, als dass sie sich für Sport aufraffen könnte. Sie möchte zum einen Motivationstechniken lernen und zum andern ihr Zeitmanagement besser in den Griff bekommen, damit sie sich Zeit für sich nehmen kann. Sie möchte sich generell mental stärken, um für sich selbst einzustehen. Dem 43-jährigen wird im Job alles zu viel und er merkt, wie er andauernd auf einem hohen Stresslevel ist. Er möchte lernen, wie er sich zum einen besser vom Job abgrenzen kann und möchte Entspannungstechniken lernen. Auch das ist mentale Stärke. An Wettkämpfen hat die 17-jährige Sportlerin Mühe mit Aktivierung und Entspannung. An einem Wettkampftag muss sie mehrmals antreten. Zwischen den Disziplinen muss sie möglichst runterfahren. Dieses Auf-und Ab zwischen "voll parat sein" und "sich wieder entspannen" gelingt ihr noch nicht so gut und sie möchte daran arbeiten. Auf dem Weg zur Leistungssportlerin braucht es ganz viel mentale Stärke. Diese kann man trainieren. |
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